Der Rote Hahn auf dem
landwirtschaftlichen Anwesen von Caspar Darmöller
erzählt von Volker Dix



Kaum ein Ereignis hat Anfang der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts die Landgemeinde Holsen so in Unruhe versetzt wie der Brand des stattlichen landwirtschaftlichen Anwesens des Landwirtes und Mühlenbesitzers Caspar Darmöller am 09. Sept. 1930. Die Besitzung brannte damals bis auf die Grundmauern ab, obwohl die Holser Feuerwehr mit der Handdruckspritze schnell zur Stelle war (über eine Motorspritze verfügte die Freiwillige Feuerwehr erst ab 1931). Sogleich vermutete man Brandstiftung. Dieser Brand hat auch Jahre später noch für reichlich Gesprächsstoff im Ort gesorgt.
Das Anwesen des Caspar Darmöller befand sich südlich des heutigen Schnellweges in umittelbarer Nähe des Darmühlenbaches. Zum Hof gehörte auch eine Wassermühle, dessen Mühlrad durch das Wasser des in zwei Teichen aufgestauten Darmühlenbaches gespeist wurde. Schon Mitte des 17. Jahrhunderts soll die Mühle errichtet worden sein und zeitweise zum Gut Crollage (heute Preußisch Oldendorf) gehört haben.
Caspar Darmöller war bereits in jungen Jahren Eigentümer des landwirtschaftlichen Anwesens geworden. Und er war auch sonst vermögend. Zudem war er leidenschaftlicher Jäger und außerdem Fischereiaufseher für den Darmühlenbach.
Allerdings sagte man ihm nach, nicht mit Geld umgehen zu können, er sei zu gutmütig und werde weidlich ausgenutzt. Bei Übernahme des Hofes verpflichtete er sich, seine 4 Geschwister auszuzahlen, was ihn schwer belastete. Mit Beginn der Weltwirtschaftskrise Ende der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts beschleunigte sich der Abstieg des Caspar Darmöller weiter – er begann zudem das Trinken. Nach und nach sah er sich gezwungen, Ländereien zu veräußern und die Mühle an Heinrich Worstbrock zu verpachten, um die aufgehäuften Schulden zu begleichen.
In Gesprächen mit Nachbarn und Bekannten schilderte er ganz offen seine Lage, und meinte, dass es für ihn nur eine Rettung gebe, nämlich seine Besitzung abzubrennen (sozusagen ein „warmer Abbruch“), um die Versicherungsgelder zu kassieren. Sowas war damals nicht ganz und gar unüblich!
In der Folgezeit sprach der Eigentümer verschiedene Personen an, ob sie bereit wären, Feuer auf seinem Hof zu legen. Als Belohnung sollten dem Brandstifter 500 Reichsmark (damals sehr viel Geld!), Speck und ein Schwein winken. Die Ehefrau des Hofbesitzers wollte noch ein Bett oben drauf dazu geben. Über solch eine Art der Belohnung kann man heute, fast 100 Jahre später, nur schmunzeln! Aber so war die Zeit damals!
Am Abend des 09. Sept. 1930 stand das Wohnhaus dann tatsächlich in Flammen. Die 1909 gegründete Freiwillige Feuerwehr Holsen rückte mit der Handdruckspritze, die von 2 Pferden gezogen wurde, an. Die Anfahrt vom Spritzenhaus (an der heutigen Mühlenfeldstraße) zur Brandstätte am Darmühlenbach nahm natürlich eine gewisse Zeit in Anspruch. Zu retten gab es, trotz der beiden Mühlteiche in unmittelbarer Nähe, zu dem Zeitpunkt kaum noch was. Die Besitzung brannte bis auf die Grundmauern nieder. Die Feuerwehr beschränkte sich auf den Schutz der Nebengebäude und der Wassermühle.
Am 12. Sept. 1930 berichtete die Bünder Zeitung, dass der 65-jährige Besitzer wegen Brandstiftung verhaftet worden sei.
Das erweiterte Schöffengericht in Bielefeld hielt später die angeklagten Eheleute der verbotenen Aufforderung zur Begehung der Brandstiftung für überführt und verurteilte sie im April 1931 zu Gefängnisstrafen, und zwar der Ehemann zu 3 Monate und die Ehefrau zu 1 Monat Gefängnis. Die erkannten Strafen sollten durch die Untersuchungshaft als verbüßt gelten.
Die Klage von Caspar Darmöller auf Auszahlung der Brandentschädigung durch die Westfälische Provizial-Feuersozietät wurde folgerichtig in zwei Instanzen, zuletzt vom Oberlandesgericht in Hamm im April 1933, abgewiesen.
Die unmittelbar neben dem abgebrannten landwirtschaftlichen Anwesen stehende verpachtete Wassermühle wurde noch einige Jahre vom Müller Heinrich Worstbrock betrieben, bis dieser um 1935 eine eigene Motormühle im Dorfzentrum gegenüber dem Spritzenhaus errichtete. Das Gebäude der bis Mitte der 1970er Jahre betriebenen Motomühle ist sogar bis heute erhalten geblieben. Der Verfasser dieser Zeilen kann sich noch gut an den Müller, das Motorengeräusch und das Zischen der Keilriehmen erinnern. Auf einem prall gefüllten Sack platznehmend, gab es dann vom Müller eine „Bluna“ als Belohnung für mein Interesse am Betriebsablauf. Unvergessen!
So stand also die alte Wassermühle nach Auszug des letzten Müllers leer und konnte auch später nicht mehr an einen Nachfolger verpachtet werden. Das Gebäude verfiel zusehens und wurde schließlich 1957 abgerissen. Ober- und Unterwasser sowie die beiden Teiche sind verfüllt worden. Nur noch letzte Reste des Fundaments sollen heute bei genauem Hinsehen noch zu entdecken sein. Durch den Bau des „Schnellweges“ wurde dieTallandschaft nachhaltig verändert. Das Bett des Darmühlenbaches wurde zum Teil verlegt. Die schon vor dem II. Weltkrieg aufgekommene Idee, hier ein gemeinsames Freibad für Holsen und Ahle zu bauen, wurde von den beiden Gemeinderäten in den 1950er Jahren zu den Akten gelegt. So klappert die Mühle schon seit Jahrzehnten nicht mehr am rauschenden Bach! Aber der Darmühlenbach fließt immer noch, jetzt ungestört vom Mühlrad, am Rande des Dorfes.
Benutzte sowie weiterführende Literatur:
- Christoph Mörstedt: Mühlen im Kreis Herford, Bielefeld 1995, Seite 22 ff
- Ulrich Tapper / Thomas Schroer: Bünde und Umgebung in alten Ansichten, Erzählungen und Dönekes, Gummersbach 1979, Seite 82
- Bünder Zeitung im Stadtarchiv Bünde: Jahresgang 1930, verschiedene Ausgaben